Feuchtespeicherfunktion

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Die Feuchtespeicherfunktion ist die Eigenschaft eines Materials, die angibt bei welcher Luftfeuchtigkeit bzw. bei welchem Kapillardruck wieviel Feuchtigkeit (Wasser) in einem Material gespeichert werden (siehe auch Feuchtegehalt von Materialien).

Die Messung der Feuchtespeicherfunktion wird über Befeuchtung (Adsorption) und Entfeuchtung (Desorption) im hygroskopischen Bereich (bis etwa 95..97 % rel. Feuchte) gemessen (Sorptionskurve bzw. Sorptionstherme, [EN sorption curve]). In diesem Bereich bestimmen vor allem Diffusionsvorgänge den Feuchtetransport.

Im überhygroskopischen Bereich (meist zwischen 95-100 % rel. Feuchte), auch Kapillarwasserbereich, wird die Saugspannungskurve [EN: suction curve] ermittelt. Die Feuchtespeicherfunktion endet bei 100% rel. Feuchte (Entspricht Lagerung unter Wasser) mit der freien Wassersättigung (wf bzw. ψeff). Im überhygroskopischen Bereich wird der Feuchtetransport vor allem durch Transport von flüssigem Wasser bestimmt.

Unter Druck oder durch Diffusion im Temperaturgefälle lässt sich jedoch zusätzliche Feuchte speichern (Übersättigungsbereich), bis das freie Porenvolumen vollständig mit Wasser gefüllt ist: maximale Wassersättigung (wmax). Zur Berechnung dieser Zustände rechnet WUFI mit einer Luftfeuchtigkeit von bis zu 110% (entspricht wmax).

Unter der Voraussetzung eines lokalen thermodynamischen Gleichgewichts lassen sich beide Kurven über die Kelvin-Gleichung ineinander umwandeln.

Bei hydrophoben Baustoffen (z.B. Dämmstoffe) entfällt der Feuchtetransport über Flüssigwasser im Sorptionsbereich und im überhygroskopischen Bereich. Hier tritt Flüssigwasser nur im Übersättigungsbereich (relative Porenluftfeuchte über 100%) auf.

Wegen der Hysterese (Abhängigkeit der Adsorption/Desorption vom Ausgangszustand) unterscheiden sich die Werte der Sorptionstherme, je nachdem ob bei steigender / fallender Luftfeuchte gemessen wird. Besonders ausgeprägt ist dieses Verhalten bei Holz und feinporigen Substanzen. Deshalb werden die Desorptions- und Adsorptionsfunktion unterschieden.

Messverfahren

  • Messungs der Ausgleichsfeuchte nach DIN EN ISO 12570 (früher DIN 52620)
  • Messung in Exsikkatoren mit einstellbarer Luftfeuchtigkeit nach DIN EN ISO 12571
  • Messung in Klimakammern nach DIN EN ISO 12571
  • Messung mit einem Quecksilberporisometer
  • Druckplattenapparaturen (Drucktopf) zur Entfeuchtung eines Materials über einen gleichmäßigen Druck nach ISO 11274
  • DIN EN 12087 -> ersetzt durch ISO 16535
  • DIN EN 12088 -> ersetzt durch ISO 16536
  • DIN EN ISO 16535 - Bestimmung der Wasseraufnahme bei langzeitigem Eintauchen (Dämmstoffen)
  • DIN EN ISO 16536 - Bestimmung der Wasseraufnahme durch Diffusion (Dämmstoffe)

Die Bestimmung des Feuchtegehalts der Ausgleichsfeuchte bei definierten Bedingungen ist in DIN EN 12429 geregelt.

Sorptionsmessungen

Die Sorption wird in der Regel mit Exsikkatoren gemessen. Über verschiedene Trockenmittel lassen sich definierte Luftfeuchten bis ca. 97% rel. Feuchte einstellen. Durch Messung des Gewichts lässt sich der Feuchtegehalt der Probe messen.

rel. Luftfeuchte Trockenmittel
93% Ammoniumdihydrogenphosphat
97% Kaliumsulfat


siehe auch Wasseraufnahmekoeffizient#Messverfahren

Materialfunktionen

  • [math]\displaystyle{ w(p_c) }[/math]: Feuchtespeicherfunktion in Abhängigkeit vom Kapillardruck (Saugspannungskurve)
  • [math]\displaystyle{ w(\varphi) }[/math]: Feuchtespeicherfunktion in Abhängigkeit von der Porenluftfeuchte (Sorptionskurve)

Unterschieden wird zudem zwischen:

  • Desorptionskurve (Entfeuchtung) und
  • Adsorptionskurve (Befeuchtung)


Feuchtepotential nach Kießl

In der Literatur wird zur Darstellung der Feuchtespeicherfunktion auch das Feuchtepotential Φ nach Kießl (Kießl, K.: Kapillarer und dampfförmiger Feuchtetransport in mehrschichtigen Bauteilen. Dissertation Universität-Gesamthochschule Essen 1983) verwendet.

Im hygroskopischen Bereich entspricht das Feuchtepotential der relativen Feuchte. Im überhygroskopischen Bereich wird das Feuchtepotential über den Porenradius bestimmt [math]\displaystyle{ \Phi = 1,7 + 0,1 \cdot log(r) }[/math]. Im Übergangsbereich 0,9 < Φ < 1,0 müssen beide Kurven aneinander angeglichen werden. Die Obergrenze liegt bei einem Porenradius von r=10-3 m (entspricht Φ=1,4).

Approximationsverfahren

Für viele Baustoffe kann das Verfahren von Prof. Hartwig Künzel "Verfahren zur ein- und zweidimensionalen Berechnung des gekoppelten Wärme- und Feuchtetransports in Bauteilen mit einfachen Kennwerten", Stuttgart 1994 verwendet werden:

[math]\displaystyle{ w( \varphi ) = w_f \frac{(b-1) \cdot \varphi}{b-\varphi} }[/math]

Dabei ist b ein Anpassungsparameter, der in WUFI für eine Feuchte von 80% bestimmt wird:

[math]\displaystyle{ b = \frac{\varphi_{80} \cdot (w_f - w_{80})}{\varphi_{80} \cdot w_f - w_{80}} = \frac{0,8 \cdot (w_f - w_{80})}{0,8 \cdot w_f - w_{80}} }[/math]

Für nicht-hygroskopische Materialien ohne Feuchtespeicherfunktion wird in WUFI folgende Funktion verwendet:

[math]\displaystyle{ w( \varphi ) = \frac{a}{b- \varphi}+c }[/math]
[math]\displaystyle{ c = -a/b }[/math] da w=0 bei φ=0
[math]\displaystyle{ b = 1,0105 }[/math]
wmax entspricht der max. Feuchtigkeit (Porosität) bei φ=1,01
Daraus ergibt sich eine künstliche freie Sättigung von [math]\displaystyle{ w_f = 0.047 \cdot w_{max} }[/math]

Kurt Kiesgaard Hansen bescheibt in "Sorption isotherms A catalogue", Lyngby 1986 ein weiteres Approximationsverfahren mit 3 materialspezifischen Konstanten c1, c2 und c3:

[math]\displaystyle{ u = c1 \cdot exp(\frac{-1}{c2} \cdot ln(1 - \frac{ln(\varphi)}{c3})) }[/math]

Dieses Verfahren wurde aber nur für den Sorptionsbereich entwickelt und führt im überhygroskopischen Bereich nicht zu verwertbaren Ergebnissen.

Literatur